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Initiative «Schuldenbremse»

Die Gemeinde Gossau ist in eine finanziell unkomfortable Lage geraten. Während Jahren sind die Ausgaben stärker gestiegen als die Einnahmen. Die Schulden wachsen wieder an und es fehlt das Geld für die notwendigen Investitionen. Die Gemeinde Gossau hat einen der höchsten Steuerfüsse im Kanton Zürich. Der Steuer­fuss wurde zwar für das Jahr 2023 um 2 % gesenkt. Wenn sich die Gemeinde Gossau finanziell weiter negativ entwickelt, muss aber der Steuerfuss bald wieder erhöht werden. Dies muss ver­mieden werden. Der Stimmbürger soll auf stabile Gemeindefinanzen vertrauen dürfen. Die Kantonsverfassung verpflichtet die Gemeinden, die Steuerquote nicht ansteigen zu lassen (Art. 124 Abs. 2 KV).

Schulden machen ist unsozial. Die Schulden müssen von unseren Kindern zurückbezahlt werden. Schulden sind keine Lösung, sondern verschieben die Probleme in die Zukunft und machen sie sogar noch grösser. Schuldzinsen und Amortisationen engen den finanziellen Handlungsspielraum ein. Die finanziellen Herausforderungen der Gemeinde Gossau müssen deshalb entschlossen angepackt werden.

Mit dieser Initiative werden dem Gemeinderat und den Stimmbürgern Instrumente in die Hand gegeben, womit sie die Gemeindefinanzen besser beurteilen und steuern können. Diese Instrumente lehnen sich an die in der Stadt Dübendorf erfolgreiche Volksinitiative «Dübi schuldenfrei, auch in Zukunft!» an, sind aber eigenständige und auf die Verhältnisse der Gemeinde Gossau angepasste Formulierungen. Die Stadt Dübendorf hat eine erfolg­reiche Finanzpolitik geführt und die Gemeinde Gossau kann davon lernen.

Die Initiative «Schuldenbremse» sieht vier Instrumente vor, die nachfolgend kurz erläu­tert werden:

Mittelfristiger Ausgleich

Das kantonale Recht verlangt unter dem Titel «Haushaltgleichgewicht», dass der Gemeinde­steuerfuss grundsätzlich so festgesetzt wird, dass die Erfolgsrechnung des Budgets ausge­glichen ist (§ 92 Abs. 1 des Gemeindegesetzes vom 20. April 2015; GG). Das Budgetieren eines Defizits ist jedoch in einem bestimmten Rahmen durchaus zulässig (§ 92 Abs. 2 und 3 GG). Ein Bilanzfehlbetrag muss innert fünf Jahren wieder abgetragen werden (§ 93 Abs. 2 GG). Zweckfreies Eigenkapital kann aufgebraucht werden (§ 92 Abs. 3 und § 93 Abs. 1 GG).

Diese kantonalen Regelungen stellen sehr grobe Leitlinien für die kommunale Haushaltfüh­rung dar. Insbesondere wird dadurch nicht verhindert, dass die Gemeinde in ein strukturelles Defizit gerät, bei dem die Ausgaben längerfristig die Einnahmen übersteigen. Dies widerspricht dem Auftrag der Kantonsverfassung an die Gemeinden, die Finanzhaushalte mittelfristig auszugleichen (Art. 123 Abs. 1 KV).

«Mittelfristig ausgeglichen» bedeutet, dass über mehrere Jahre betrachtet die Ergebnisse der Erfolgsrechnung nicht ein Defizit ausweisen dürfen. In einzelnen Jahren darf es also zu einem Aufwandüberschuss kommen, der aber durch Überschüsse aus anderen Jahren kom­pensiert werden muss. Die Initiative führt präzise Kriterien für die Beurteilung des mittelfristigen Ausgleichs ein.

Der mittelfristige Ausgleich ist als Kontrollinstrument nutzlos, wenn nur vergangene Jahre in Betracht gezogen werden. Eine drohende Reihe von künftigen Defizitjahren kann mit einer vergangenheitsbezogenen Betrachtung nicht verhindert werden. Wenn zukünftige Jahre mit in die Betrachtung einbezogen werden, eröffnen sich Möglichkeiten der zu optimistischen Finanzplanung oder gar der Manipulation. Die Initiative sieht eine eindeutige und nur gering manipulierbare Basis für die Beurteilung des mittelfristigen Ausgleichs vor. Die drei vergangenen Rechnungsjahre stehen fest, die Hochrechnung für das laufende Rechnungsjahr kann einigermassen exakt vorgenommen werden, und die künftige Entwicklung ist mit dem Einbezug des kommenden Budgetjahres gewährleistet.

Selbstfinanzierungsgrad 100 % mit Ausgleichsreserve

Während das Erfordernis des mittelfristigen Ausgleichs sicherstellt, dass die laufenden Aus­gaben mit den Einnahmen gedeckt werden können, braucht es auch eine Regelung für die Investitionen. Investitionen belasten die Erfolgsrechnung nicht, können aber zu einer höhe­ren Verschuldung der Gemeinde führen. Ob dies der Fall ist, wird mit dem sogenannten Selbstfinanzierungsgrad ermittelt.

Der Selbstfinanzierungsgrad ist die wichtigste finanzielle Kennzahl für eine Gemeinde und muss gemäss übergeordnetem kantonalen Recht berechnet werden (§ 140 GG; Gemeinde­verordnung vom 29. Juni 2016, VGG, Anhang 2 Ziffer 3.1). Der Selbstfinanzierungsgrad be­rechnet sich durch die Selbstfinanzierung (Cash Flow) geteilt durch die Nettoinvestitionen und wird jeweils in den Jahresrechnungen ausgewiesen. Ein Selbstfinanzierungsgrad von 100 % und höher bedeutet, dass die Gemeinde die Ausgaben und Investitionen tätigen kann, ohne sich zu verschulden. Wenn die Gemeinde einen Selbstfinanzierungsgrad von weniger als 100 % ausweist, muss sie sich zusätzlich verschulden. Deshalb muss ein Selbstfinanzie­rungsgrad von mindestens 100 % erreicht werden. Der Selbstfinanzierungsgrad kann wegen schwankenden Investitionen nicht immer exakt 100 % betragen. Es kann Jahre ohne Investitionen geben, in denen ein Selbstfinanzierungs­grad von deutlich über 100 % ausgewiesen wird. Umgekehrt kann eine hohe Investition an­fallen, die den Selbstfinanzierungsgrad unter 100 % drückt. Die Finanzierung einer Investi­tion durch Aufnahme von Darlehen ist nicht grundsätzlich abzulehnen. Vielmehr braucht die Gemeinde einen finanziellen Spielraum. Eine Verschuldung muss aber wieder abgebaut wer­den.

Um der Gemeinde Gossau diese Flexibilität zu geben, sieht die Initiative die Einführung einer Ausgleichsreserve vor. Diese Reserve erhöht sich in Jahren mit einem Selbstfinanzierungs­grad von mehr als 100 % und verringert sich in Jahren mit einem Selbstfinanzierungsgrad von weniger als 100 %. Die vorgeschlagene Regelung stellt auf die Begriffe und Zahlen ab, welche für die Berechnung des Selbstfinanzierungsgrades gelten (gegenwärtig Anhang 2 Zif­fer 3.1 VGG) und deshalb bereits verfügbar sind. Damit wird eine einfache Berechnung und Darstellung der Ausgleichsreserve sichergestellt und es kann einfach nachvollzogen werden, wie sich die Ausgleichsreserve über mehrere Jahre entwickelt. Dadurch, dass die Sondereinnahmen beim Aufbau der Ausgleichsreserve ausgeklammert werden, wird verhindert, dass der Schuldenabbau in den kommenden Jahren wieder rückgängig gemacht werden kann. Für die Berechnung der Ausgleichsreserve und die Darstellung ihrer Entwicklung werden nur drei Zahlen benötigt: An­fangsbestand, Veränderung, Schlussbestand. Mit diesen Festlegungen und dem Verzicht auf einen Beizug der Ergebnisse der Geldflussrechnung wird eine konsistente und einfach überprüfbare Darstellung erreicht.

Der Betrag und die Entwicklung der Ausgleichsreserven ist in den beleuchtenden Berichten zu den Budgetvorlagen und Jahresrechnung auszuweisen. Die halbjährliche Berechnung gewährleistet, dass negative Entwicklungen rechtzeitig erkannt werden. Der Einbezug der Finanzplanung ermöglicht sodann eine zukunftsbezogene Beurteilung der Finanzlage der Gemeinde Gossau. Damit wird erstmals ein einfacher Überblick über die mittel- und langfristige Entwicklung des Eigenkapitals der Gemeinde Gossau eingeführt und ermöglicht. Die Initiative sieht eine Übergangsbestimmung zu Art. 15a Ziffer 2 vor. Die Ausgleichsreserve wird im ersten Rechnungsjahr nach dem Inkrafttreten von Art. 15a starten. Für die früheren Rechnungsjahre muss einmalig eine Rückwärtsrechnung für drei Rechnungsjahre vorgenommen werden, so dass bereits im ersten Rechnungsjahr nach Inkrafttreten eine aussagekräftige Darstellung der finanziellen Entwicklung der Gemeinde Gossau vorliegt.

Schuldenabbau

Die Gemeinde Gossau hat Schulden. Diese müssen längerfristig reduziert werden. Die vorstehende Regel über den Selbstfinanzierungsgrad 100 % mit Ausgleichsreserve verhin­dert ein Ansteigen der Verschuldung, kann aber einen Schul­denabbau nicht gewährleisten.

Zu diesem Zweck sieht die Initiative vor, dass Sondereinnahmen nicht für laufende Ausgaben oder für Investitionen verwendet werden dürfen, sondern nur für den Schuldenabbau. Son­dereinnahmen sind in der Vergangenheit beispielsweise Ausschüttungen der Zürcher Kanto­nalbank oder einmalige Rückerstattungen von Sozialleistungen aufgrund eines Gerichtsent­scheids gewesen. Mit dem Erfordernis «geldwirksam» werden insbesondere Erträge aus der Aufwertung von Liegenschaften nicht als Sondereinnahmen erfasst, weil aus der Aufwertung keine Mittel zufliessen, die für eine Schuldentilgung verwendet werden können. Erlöse sind nicht die buchmässigen Gewinne bei einem Verkauf, sondern der erzielte Verkaufspreis.

Gemeinde- und Grundsteuern fallen regelmässig an und sind deshalb keine Sondereinnah­men. Dies wird der Klarheit halber ausdrücklich festgehalten.

Mit dem Instrument der Verwendung von Sondereinnahmen für den Schuldenabbau wird eine langfristige Reduktion der Verschuldung ermöglicht, ohne die Erfüllung der laufenden Aufgaben und Investitionen zu beeinträchtigen.

Anzufügen ist, dass die Initiative im kommunalen Recht der Gemeinde Gossau einen eigenständigen Begriff der Sondereinnahmen einführt, der vom Begriff des ausserordentlichen Ertrags zu unterscheiden ist. Der ausserordentliche Ertrag ist unscharf definiert und deshalb ungeeignet. Der Begriff der Sondereinnahmen stellt auf rein objektive Kriterien ab.

Sparvorschläge als Alternative zu einer Steuerfusserhöhung

Dieses Instrument stärkt die direkte Demokratie in der Gemeinde Gossau, indem eine Steuerfusserhöhung nicht mehr isoliert beantragt werden darf, sondern dem Stimmbürger die Alternativen aufgezeigt werden müssen.

Es wird in der Verantwortung des Gemeinderates liegen, sinnvolle und ausgewogene Vor­schläge zur Verhinderung einer Steuerfusserhöhung zu präsentieren.

Verhältnis zum kantonalen Recht

Die vier vorgeschlagenen Instrumente sind gemäss dem übergeordneten kantonalen Recht zulässig. Die Kantonsverfassung gewährleistet die Gemeindeautonomie (Art. 85 Abs. 1 KV). Die Gemeinden haben die Möglichkeit, gegenüber den kantonalen Vorgaben an die kommu­nale Haushaltsführung weiter gehende, eigene kommunale Haushaltsregeln festzulegen wie z. Bsp. einen mittelfristigen Ausgleich, eine Schuldenbremse oder ein Zielwert zur Selbstfi­nanzierung von Investitionen (Kanton Zürich, Direktion der Justiz und des Innern, Gemeinde­amt, Handbuch über den Finanzhaushalt der Zürcher Gemeinden, 2018 mit seitherigen Aktu­alisierungen, Kapitel 06, Finanzpolitische Rahmenbedingungen und Instrumente, Ziffer 3.3.2). Die Initiative setzt die Grundsätze der Kantonsverfassung um: Wirtschaftlich nachhal­tige Entwicklung (Art. 6 Abs. 2 KV); gesunder Finanzhaushalt (Art. 122 Abs. 1 KV); mittelfris­tig ausgeglichener Finanzhaushalt (Art. 123 Abs. 1 KV); kein Ansteigen der Steuerquote (Art. 124 Abs. 2 KV). Die Initiative setzt weiter die Grundsätze der Haushaltsführung gemäss § 84 Abs. 1 GG um: Haushaltgleichgewicht und Wirtschaftlichkeit. Die Regel über die Aus­gleichsreserve setzt erst auf Beginn des ersten Rechnungsjahres nach Inkrafttreten ein, so dass keine Rückwirkung vorliegt. Das Verbot der Zweckbindung von Gemeinde- und Grund­steuern ist durch die Bestimmung über den Schuldenabbau nicht tangiert, weil die regelmäs­sig anfallenden Gemeindesteuern nicht als Sondereinnahmen definiert werden.

Die Gemeindeordnung der Gemeinde Gossau wird wie folgt mit einem neuen Art. 15a und einer Übergangsbestimmung hierzu ergänzt:

Art. 15a Regeln des finanziellen Haushaltes

Die Finanzen sind nachhaltig zu bewirtschaften, so dass Ausgaben und Investitionen im Gleichgewicht mit den verfügbaren finanziellen Mitteln stehen. Der Steuerfuss soll möglichst tief und stabil sein. Die solide Finanzpolitik soll die Gemeinde für Einwohner und Arbeitgeber attraktiv machen. Für diese Zwecke bestehen folgende vier Instrumente:

  1. Mittelfristiger Ausgleich: Die Erfolgsrechnung muss mittelfristig ausgeglichen sein. Der mittelfristige Ausgleich bestimmt sich nach dem Fünfjahresdurchschnitt der Erfolgs­rechnungen der drei vergangenen Rechnungsjahre, des aktuellen Rechnungsjahres sowie des kommenden Budgetjahres.
  2. Selbstfinanzierungsgrad 100 % mit Ausgleichsreserve: Der Selbstfinanzierungsgrad muss mindestens 100 % betragen. Der Selbstfinanzierungsgrad darf im Rahmen einer Ausgleichsreserve vorübergehend unter 100 % fallen. Hierfür gilt Folgendes:a. Finanzierungsüberschüsse oder Finanzierungsfehlbeträge (Selbstfinanzierung abzüglich Nettoinvestitionen Verwaltungsvermögen) werden der Ausgleichsre­serve im Falle eines Finanzierungsüberschusses gutgeschrieben oder im Falle eines Finanzfehlbetrages belastet. Die Begriffe und Beträge von Selbstfinanzie­rung, Nettoinvestitionen Verwaltungsvermögen sowie Finanzierungsüberschuss oder -fehlbetrag entsprechen denjenigen, welche für die Berechnung des Selbst­finanzierungsgrades geltenb. Die Ausgleichsreserve darf keinen Negativbetrag aufweisen.c. Die Entwicklung der Ausgleichsreserve ist in den beleuchtenden Berichten des Gemeinderates sowohl zur Jahresrechnung als auch zum Budget für mindestens fünf vergangene Rechnungsjahre, für das Budgetjahr und die in der Finanzplanung abgebildeten künftigen Rechnungsjahre darzustellen.d. Sondereinnahmen müssen für die Berechnung der Ausgleichsreserve abgezogen werden.
  3. Schuldenabbau: Sondereinnahmen werden vollumfänglich für den Schuldenabbau ver­wendet. Als Sondereinnahmen gelten alle geldwirksamen Einnahmen wie beispiels­weise Erlöse aus dem Verkauf von Finanzvermögen, die im laufenden und den vergan­gen drei Rechnungsjahren einmalig gewesen sind und auf die im kommenden Rechnungsjahr kein Rechtsanspruch besteht. Gewinnausschüttungen der ZKB sind explizit als Sondereinnahmen zu betrachten. Keine Son­dereinnahmen sind die Gemeinde- und Grundsteuern.
  4. Sparvorschläge als Alternative zu einer Erhöhung des Gemeindesteuerfusses: Etwaige Anträge auf Erhöhungen des Gemeindesteuerfusses müssen zusammen mit Massnahmen zu Kostensenkungen in gesamthaft gleicher Höhe wie die erwarteten zusätzlichen Steuereinnahmen beantragt werden.

Übergangsbestimmung zu Art. 15a Ziffer 2

Buchstabe c: Die Ausgleichsreserve ist im ersten nach Inkrafttreten von Art. 15a erstatteten beleuchtenden Bericht zur Jahresrechnung zum ersten Mal auszuweisen. Die Entwicklung der Ausgleichsreserve in drei früheren Rechnungsjahren vor Geltung von Art. 15a ist so darzustellen, als ob Art. 15a bereits in Kraft gestanden hätte. Der Abzug der Sondereinnahmen nach Art. 15a Ziffer 2, lit. d ist erst ab dem Jahr des Inkrafttretens von Art. 15a vorzunehmen. Für die früheren Jahre wird auf diesen Abzug verzichtet.

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