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Teilrevision BZO – Stellungnahme SVP

Die Schweizerischen Volkspartei (SVP) beurteilt die oben erwähnte Vorlage kritisch und wird sie, ohne substanzielle Verbesserungen und Verschlankungen, dem Souverän zur Ablehnung empfehlen.

1. Eine weitere Zumutung für Bürger (und Parteien)

Es gehört zu den Gepflogenheiten unserer Demokratie, dass vor wichtigen Beschlüs­sen und Erlassen die Meinung der Betroffenen eingeholt wird. Im so genannten Ver­nehmlassungsverfahren werden Vorhaben von erheblicher politischer, finanzieller, wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer oder kultureller Tragweite auf ihre sachliche Richtigkeit, Vollzugstauglichkeit und Akzeptanz hin geprüft. Dazu werden sie – auf Bundesebene – den Kantonen, den in der Bundesversammlung vertretenen Par­teien, den Dachverbänden der Gemeinden, Städte und der Berggebiete, den Dach­verbänden der Wirtschaft sowie weiteren, im Einzelfall interessierten Kreisen unter­breitet. Auf kantonaler und kommunaler Ebene ist er Kreis der Adressaten entspre­chend kleiner.

Vernehmlassungen sind eine gute Sache, bieten sie doch die Möglichkeit, zu einem frühen Zeitpunkt Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen. Doch bereits in Staats­rechtslehrbüchern des letzten Jahrhunderts wird kritisch angemerkt, dass die Verfah­ren einen Umfang angenommen haben, der sie für die Kantone zu einer beachtlichen Belastung macht.[1] Nun braucht man sich um die Kantone nicht zu sorgen, denn diese stellen einfach mehr Personal ein…

Etwas anders liegt der Fall bei öffentlichen Auflagen. Eine solche hat der Gemeinde-rat Gossau für die BZO-Revision angeordnet. Die Bevölkerung kann innerhalb der festgelegten Frist zur öffentlich aufgelegten Vorlage Stellung nehmen. Inputs und Anliegen können schriftlich eingereicht werden. Angehört werden auch die Nachbargemeinden sowie die Regionalplanung. Zudem erfolgt gleichzeitig die Vorprüfung durch den Kanton.

Da sich eine öffentliche Auflage an alle Bürger und nicht, wie eine Vernehmlassung, an die Spezialisten von Verbänden und Parteien richtet, müssten die inhaltlichen Anforderungen, den Gesetzen der Logik folgend, niederschwelliger sein. Das sind sie jedoch nicht. Im Gegenteil!

Wenn selbst die Profis des Bauamts unserer Gemeinde nicht in der Lage sind, eine solche Vorlage und die nötigen Begleitdokumente zu verfassen und der Beizug externer Fachleute nötig ist [2], wie sollen sich da erst «normale» Bürger in diesem Dschungel von zwingenden und dispositiven Regeln sowie zwischen Bundes- und kantonalem Recht und den politischen Absichtserklärungen des Pariser Klimaübereinkommens zurechtfinden und eine fundierte Meinung bilden können?

Alleine die Dokumente «Zonenplan», «BZO revidiert», «BZO synoptisch» und «Planungsbericht» haben einem Umfang von knapp 200 Seiten. Für eine gründliche Analyse der Vorlage ist zudem das Studium der eidgenössischen und kantonalen Gesetze und Verordnungen nötig. Damit sind 99 Prozent der Bevölkerung überfordert. Das wissen auch die grünen Zeloten und Vertreter des «deep states» im Kaspar Escher-Haus, die am Ende ohnehin machen, was sie wollen.

Grundlage für die Durchführung der öffentlichen Auflage ist die folgende Bestimmung des kantonalen Planungs- und Baugesetzes (PBG):

Anhörung und öffentliche Auflage
§ 7 1 Bei der Aufstellung und Änderung der Richt- und Nutzungspläne sind nach- und nebengeordnete Planungsträger rechtzeitig anzuhören.
2 Die Pläne sind vor der Festsetzung öffentlich aufzulegen. Innert 60 Tagen nach der Bekanntmachung kann sich jedermann bei der die Auflage verfügenden Instanz zum Planinhalt äussern.
3 Über die nicht berücksichtigten Einwendungen wird gesamthaft bei der Planfestsetzung entschieden.
4 Hernach stehen die Pläne und die Stellungnahme zu den nicht berücksichtigten Einwendungen zur Einsichtnahme offen

Einmal mehr müssen wir Artikel 5, Absatz 3 unserer Bundesverfassung bemühen, wonach staatliche Organe und Private nach Treu und Glauben zu handeln haben: Es kann unmöglich Sinn von § 7 PBG sein, die Bürger mit Papier und Informationen über eine hochkomplexe Materie zuzudecken und von ihnen eine belastbare Meinung zu erwarten. Ein solches Vorgehen hat auch mit Demokratie und Transparenz nichts zu tun. Im Gegenteil, es verkommt zur Augenwischerei und fördert ein Gefühl der Ohnmacht gegenüber der Verwaltung.

Ginge es tatsächlich darum, die Meinung des Volkes abzuholen, wie man heute sagt, müssten lediglich einige einfache Fragen wie die folgenden gestellt werden:

  • Soll der Staat die Bürger erziehen?
  • Soll der Staat vorschreiben dürfen, was die Bürger in ihren Gärten pflanzen dürfen und was nicht?
  • Soll der Staat seinen Bürgern vorschreiben dürfen, wie viele Parkplätze sie, in Abhängigkeit zum ÖV-Angebot, brauchen?
  • Soll ein Staatsangestellter in unserem Garten nachmessen, ob der Baum, den wir fällen wollen, einen Umfang von über einem Meter hat?
  • Soll der Anteil an Grünfläche nach einzelnen Privatgrundstücken oder anhand des gesamten Gemeindegebiet errechnet werden?
  • Soll der Staat über Flach- und Gibeldächer entscheiden?
  • Soll sich der Staat über die Regeln der Bau- und Zonenordnung sanieren dürfen?
  • Soll der Staat bestimmen, wie wir unsere Häuser zu heizen und zu beleuchten haben?

All diese Fragen sind nicht nur leicht verständlich und klar zu beantworten, sie erfas­sen auch das, worum es im Kern der Vorlage tatsächlich geht.

2. Gossau ist bürgerlich, diese Vorlage ist sozialistisch

In den Nationalratswahlen 2023 errangen die bürgerlichen Parteien, SVP und FDP, in Gossau gemeinsam die absolute Mehrheit. Es ist darum unverständlich, dass der Gemeinderat dem Souverän eine Vorlage unterbreitet, die höchstens in der rot-grü­nen Stadt Zürich auf Wohlwollen stossen dürfte. Wo hingegen die Eigentumsgarantie gemäss Artikel 26 unserer Bundesverfassung noch eine Bedeutung hat, muss sie Ablehnung erfahren.

3. Eigentum ist ein zentrales Freiheitsrecht

Eigentum ist ein zentraler Wert, der individuelle Freiheit, wirtschaftliche Prosperität und persönliche Verantwortung fördert. Freiheitliche Philosophen wie John Locke oder Immanuel Kant betrachteten Eigentum als ein natürliches Recht, das es Individuen ermöglicht, über ihre eigenen Ressourcen zu verfügen und ihr Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.

Eigentum gibt Menschen die Kontrolle über materielle Güter, was wiederum ihre Unabhängigkeit und Fähigkeit zur Selbstverwirklichung stärkt. Es ermöglicht ihnen, Entscheidungen zu treffen, die ihren eigenen Interessen und Werten entsprechen, ohne von anderen abhängig zu sein.

Eigentum bietet eine gewisse Sicherheit und Stabilität, da es als Absicherung gegen Unsicherheiten und Notlagen dienen kann. Es schafft eine Grundlage für langfristige Planung und Investitionen.
In einer freien Marktwirtschaft ist Eigentum entscheidend für wirtschaftliche Aktivitäten. Es ermöglicht den Austausch von Gütern und Dienstleistungen, fördert Innovation und Wettbewerb und trägt so zum Wohlstand der Gesellschaft bei.

Eigentum fördert auch die Verantwortung des Einzelnen, da es Menschen dazu an-hält, sorgfältig mit ihren Ressourcen umzugehen und langfristige Entscheidungen zu treffen.

Zur Ausarbeitung dieser Stellungnahme führte die SVP eine Umfrage durch, in der die Mitglieder ihre Haltung zu einzelnen Fragen detailliert zum Ausdruck bringen konnten.

3.1. «Das Eigentum ist gewährleistet.» Art. 26 BV

In einer freiheitlich-kapitalistischen Gesellschaft hat das Eigentum eine zentrale Bedeutung. Es prägt sowohl wirtschaftliche Dynamik als auch die sozialen und politischen Strukturen. Märkte funktionieren durch den Austausch von Eigentumsrechten. Preise signalisieren Knappheit und Nachfrage, was zu einer effizienten Allokation von Ressourcen führt.

Nur eine freiheitliche Wirtschaftsordnung gewährleistet dem Einzelnen freie, vom Staat nicht beaufsichtigte Verfügung über ehrlich erworbenes Eigentum und belohnt Leistung.

Nur Eigentum ermöglicht es Individuen, über Ressourcen, Güter und Produktionsmittel zu verfügen und diese nach eigenem Ermessen zu nutzen. Dies wiederum fördert persönliche Freiheit und Selbstbestimmung.

Nur das Recht auf Eigentum schafft Anreize für Individuen und Unternehmen, in Produktivität und Innovation zu investieren, da sie die Früchte ihrer Arbeit ernten können.

Nur Eigentum ermöglicht die Akkumulation von Kapital und Wohlstand. Es bildet die Grundlage für Investitionen, die wiederum Wirtschaftswachstum und Wohlstand fördern.

Totalitäre Systeme, in denen die Regierenden nach Macht und Kontrolle streben, setzen hier an, indem sie das Eigentumsrecht entweder abschaffen, oder deren Trägern vorschreiben, wie sie es auszuüben haben – was im Ergebnis auf das Gleiche hin-ausläuft: Mangel, Elend, Mord und Totschlag.

Die Bedeutung dieses Themas rechtfertigt die Wiedergabe eines Ausschnitts aus dem «Manifest der Kommunistischen Partei», in dem sich Karl Marx und Friedrich Engels, die die Abschaffung des bürgerlichen Eigentums zum Wesensmerkmal des Kommunismus erhoben, wie folgt ausdrücken:

«Das Proletariat, die unterste Schicht der jetzigen Gesellschaft, kann sich nicht erheben, nicht aufrichten, ohne dass der ganze Überbau der Schichten, die die offizielle Gesellschaft bilden, in die Luft gesprengt wird. […]
Es kann dies natürlich nur geschehen vermittels despotischer Eingriffe in das Eigentumsrecht und in die bürgerlichen Produktionsverhältnisse, durch Maß-regeln also, die ökonomisch unzureichend und unhaltbar erscheinen, die aber im Lauf der Bewegung über sich selbst hinaustreiben und als Mittel zur Umwälzung der ganzen Produktionsweise unvermeidlich sind.
1) Expropriation des Grundeigentums und Verwendung der Grundrente zu Staatsausgaben.
2) Starke Progressiv-Steuer.
3) Abschaffung des Erbrechts.
4) Konfiskation des Eigentums aller Emigranten und Rebellen.
[…]
Sind im Laufe der Entwicklung die Klassenunterschiede verschwunden, und ist alle Produktion in den Händen der assoziierten Individuen konzentriert, so verliert die öffentliche Gewalt den politischen Charakter. Die politische Gewalt im eigentlichen Sinn ist die organisierte Gewalt einer Klasse zur Unterdrückung einer andern. Wenn das Proletariat im Kampfe gegen die Bourgeoisie sich notwendig zur Klasse vereint, durch eine Revolution sich zur herrschenden Klasse macht, und als herrschende Klasse gewaltsam die alten Produktions-Verhältnisse aufhebt, so hebt es mit diesen Produktions-Verhältnissen die Existenz-Bedingungen des Klassengegensatzes der Klassen überhaupt, und damit seine eigene Herrschaft als Klasse auf.

Dass eine solche Politik ihrem Wesen nach eine gewalttätige ist, ja, letztlich nicht ohne Gewalt auskommt, liegt auf der Hand. Hunderte von Millionen von Toten geben trauriges Zeugnis davon.

Nun liegt uns fern, dem Gossauer Gemeinderat zu unterstellen, er wolle ein kommu­nistisches System einführen, aber es ist nicht zu leugnen, dass ihm die Kraft fehlte, sich den in jener Ideologie verwurzelten Konzepten unseres grünen Baudirektors mit der gebotenen Entschiedenheit entgegenzutreten. Im Gegenteil, in mehreren Fällen geht er sogar über die kantonalen Vorgaben hinaus.

3.2. Freiheit stirbt in kleinen Schritten

«Die Freiheit stirbt in kleinen Schritten», schrieb Friedrich August von Hayek 1944 in seinem Freiheits-Klassiker «Der Weg zur Knechtschaft».

Staatliche Eingriffe in die Wirtschaft, selbst wenn sie in bester Absicht geschehen, führen laut Hayek zu Planwirtschaft und Diktatur. Der Begriff des Sozialismus be­zeichne nicht nur die Ideale der sozialen Gerechtigkeit, Gleichheit und Sicherheit, sondern auch die Methode, mit der die meisten Sozialisten diese Ziele erreichen wol­len. Dazu zähle neben der Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln auch die Schaffung eines Planwirtschaftssystems. Die volkswirtschaftlichen Produk­tivkräfte sollen bewusst und zentral gelenkt, die Konkurrenz der Individuen ausge­schaltet werden.

Gemäss Artikel 2 unserer Bundesversammlung ist der Schutz der «Freiheit und der Rechte des Volkes» die vornehmste Aufgabe der Schweizerischen Eidgenossen­schaft. Man mag den Widerstand gegen scheinbar geringfügige Einschränkungen dieser Rechte und Freiheiten als spiesserisch belächeln, doch die Liste jener Rechte und Freiheiten, die seit 1848 verloren gingen, ist ungleich länger als jene, die seither hinzukamen. Und das Tempo und die Lässigkeit, mit der sie weiter schwinden, ist be­ängstigend.

Mit ihren Massnahmen zur Bekämpfung der so genannten «Corona-Pandemie» ha­ben die Regierenden eindrücklich gezeigt, wie weit sie zur Durchsetzung ihrer Ziele zu gehen bereit sind. Es gibt nicht den geringsten Grund zur Annahme, sie würden sich mässigen, wenn sie erst die Macht haben, ihre roten und grünen Ziele durchzu­setzen.

Wer, wenn nicht wir, soll dieser Entwicklung entgegentreten?
Wann, wenn nicht jetzt, sollen wir damit anfangen?

4. Kein Hinausgehen über kantonale und bundesrechtliche Vorgaben

In unserer parteiinternen Umfrage bekundeten 100% der Teilnehmer, dass sie jede «Übererfüllung» kantonaler und bundesrechtlicher Vorgaben ablehnen. Wo immer Spielraum besteht, ist dieser zu Gunsten der individuellen Interessen der Bürgerin­nen und Bürger auszuschöpfen.

Das kantonale Planungs- und Baugesetz trägt der Ökologie, der Speicherung und der Versickerung von Wasser bereits mehr als ausreichend Rechnung. Es braucht keine weiteren übergriffigen Regeln.

5. Keine Anwendung von Kann-Vorschriften zu Ungunsten der Eigentümer

Der Gemeinderat hat die Absicht, basierend auf § 76a und § 76 PBG Bestimmungen in die BZO aufzunehmen, wozu wir nicht verpflichtet sind. Die SVP lehnt sämtliche Beschränkungen von Eigentumsrechten, die nicht zwingend nötig sind, kategorisch ab.

In diesem Zusammenhang ist auch kritisch anzumerken, dass sich die Staatsange­stellten und «Experten», denen wir die Vorlage zu verdanken haben, offenbar nicht bewusst sind, an wen sie sich in ihrer Übergriffigkeit richten: Nämlich an den Souverän.

Wie kommt jemand, der seinen Lohn aus Steuergeld bezieht, beispielsweise auf die Idee, eine solche Regelung vorzuschlagen?

Erforderliche Abstellplätze für Velos sind grundsätzlich auf dem Grundstück zu erstellen. Sie müssen gut zugänglich, an zweckmässiger Lage und in der Regel witterungsgeschützt und sicher abschliessbar angeordnet werden.

Was heisst «grundsätzlich»? Kann man sein Velo notfalls auch im Gemeindehaus oder beim Nachbar im Schlafzimmer deponieren?

Was geht in einem Funktionär vor, der es für angezeigt hält, urteilsfähigen und mün­digen Bürgern vorzuschreiben, wie sie ihre Velos zweckmässig «anzuordnen» ha­ben? Kann man das nicht getrost ihnen selbst überlassen? Liegt es nicht im urei­gensten Interesse jedes Eigentümers, sein Eigentum vor Witterung und Dieben zu schützen? Und ist es nicht sein Problem, wenn er es nicht tut?

Eine solche Vorschrift ist allein schon deshalb grotesk, weil der gleiche Staat eklatant versagt, wenn es um die Ahndung von Velodiebstählen geht. Wer schon einmal einen anzeigen musste, weiss, wovon die Rede ist: Ein Fall für die Versicherung, mehr nicht.

6. Keine Grünflächenziffer

Mit der vorliegenden Teilrevision der BZO soll eine neue – nicht vorgeschriebene! –Grünflächenziffer eingeführt werden. Damit würde das Verhältnis der anrechenbaren Grünfläche zur anrechenbaren Grundstücksfläche vorgegeben.

Eine solche Neuregelung wäre sehr einschneidend für Kern-, Wohn-, Zentrums- und Industriezonen.

Die Wohnqualität Gossaus beruht nicht zuletzt auf seinen grossen Flächen an Wald, Feldern und Wiesen. Gossau war schon grün, bevor irgendein Funktionär im Kaspar Escher-Haus auch nur an Grünflächenziffern dachte. Wir sind praktisch ein Naherho­lungsgebiet.

Bezeichnenderweise zielen alle vorgeschlagenen Neuerungen auf Beschränkungen privater Eigentumsrechte. Es liessen sich aber auch Grünziffern für ganze Gemein­den und Stadtkreise, anstatt für einzelne Parzellen, errechnen. Dies würde zu der, für manche überraschenden, Einsicht führen, dass Gossau im schönen Zürcher Ober­land wesentlich besser dasteht als jene Zürcher Stadtkreise, aus denen die «Exper­ten» für grüne Planspiele üblicherweise stammen. Nicht zu vernachlässigen ist dabei auch der verfassungsmässige Grundsatz der Rechtsgleichheit: Erstens, warum sollen für Hauseigentümer in ländlichen Gegenden andere Regeln gelten, als es auf Stadtgebiet der Fall ist? Und, zweitens, warum sollten sich Landgemeinden freiwillig strengeren Regeln unterwerfen?

Wir sollten dem Beispiel benachbarter Gemeinden (zum Beispiel Hittnau, Pfäffikon ZH, Fehraltorf, Russikon, Illnau-Effretikon, Volketswil, Fällanden etc.) folgen, die in Wohnzonen keine Grünflächenziffer kennen und nur § 238 und in Zukunft § 238a des kantonalen PBG anwenden.

7. Mehrwertausgleich – man merkt die Absicht und ist verstimmt

Das Mehrwertausgleichsgesetz (MAG) ermächtigt die Gemeinden im Kanton Zürich zum Ausgleich von planungsbedingten Vorteilen bei Um- und Aufzonungen eine Mehrwertabgabe zwischen 0 und 40 Prozent zu erheben.

Es ist darum überaus stossend, dass der Gemeinderat die höchstmögliche Abschöp­fung auch in der neuen BZO beibehalten möchte, anstatt die Gelegenheit für eine Verbesserung des Wohn-, Gewerbe- und Industriestandorts zu nutzen.

Das Planungs- und Baugesetz (PBG) des Kantons Zürich, auf das sich auch die BZO der Gemeinde Gossau stützt, hat gemäss § 1 folgenden Zweck:

1 Dieses Gesetz legt Ziele und Zwecke der Raumplanung fest und gewährt die Planungsmittel für die Aufteilung des Bodens in verschiedene Nutzungs­ereiche, für deren Einteilung, Erschliessung und Ausstattung sowie für die Ausübung der zulässigen Bodennutzung.
2 Es regelt die Zuständigkeiten und das Verfahren im Bereich der Raumpla­nung sowie das öffentliche Baurecht.

Aus dieser Zweckbestimmung lassen sich keinerlei fiskalischen Interessen ableiten. Doch, nur mit solchen lässt sich der Vorschlag des Gossauer Gemeinderats erklären. Das ist umso stossender, als die nächste Zonenänderung absehbar ist. Sollte die Mehrwertabgabe von 40 Prozent bestehen bleiben, käme das einer Lizenz zum Gelddrucken gleich. Nur wären die negativen Folgen schneller und direkter spürbar.

Einer Bau- und Zonenordnung muss eine Vorstellung über die künftige Entwicklung eines Gemeinwesens zu Grunde liegen. Fiskalische Interessen und die Qualität als Wohn- und Wirtschaftsstandort sind zwar ebenfalls sehr wichtig, haben aber in einer BZO nichts zu suchen. In einer solchen legt der Souverän – und nicht die Exekutive! – jene Regeln fest, die nötig sind, damit in 20 oder 50 Jahre ein bestimmter Zustand erreicht ist. Allerdings gebietet die Rücksichtnahme auf künftige Generation den Ver­zicht auf irreversible Massnahmen. Ideologische Ziele vertragen sich in der Regel nicht mit individueller Freiheit, die zu schützen, wichtigste Aufgabe des Staates ist.

Eine Mehrwertabgabe von über 10 Prozent bei einer Freifläche von unter 2000m2 ist für die SVP inakzeptabel.

8. Erhöhung der Baumassen um 0.3 Prozent

Aufgrund der fehlenden Entwicklungsmöglichkeit unsers Siedlungsgebietes, setzt sich die SVP Gossau für eine moderate, generelle Erhöhung der Baumassenziffer um 0.3 in Prozentpunkte ein.

9. Keine neuen Vorgaben zur Anzahl der Velo- und Motorabstellplätze

Auf die geplanten Vorgaben zur Anzahl der Velo- und Motorabstellplätze ist zu ver­zichten. Stattdessen ist die bisherige Regelung beizubehalten.

Die Gemeinde hat für die Ordnung im öffentlichen Raum zu sorgen. Die Regelung auf Privatgebiet kann hingegen getrost den Eigentümern überlassen werden.

Zur weiteren Begründung verweisen wir auf die Ausführungen des HEV.

10. Keine zusätzlichen Vorschriften zur Dachbegrünung

Nach den Plänen des Gemeinderats soll folgende Vorschrift in die BZO aufgenom­men werden:

Art 33, Dachbegrünung
1Alle nicht als begehbare Terrasse genutzten Bereiche eines Flachdachs, auch Flachdächer von Tiefgarageneinfahrten, sind zu begrünen. Dies, soweit technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist, jedoch auch dort, wo PV-Anlagen installiert sind.

Anstatt die Kann-Vorschrift on § 76 a PBG (Dachbegrünung) Kann-Vorschrift sein zu lassen geht der Gemeinderat über die kantonale Vorgabe hinaus.

Die Folgen einer solchen Bestimmung, die nur mit einer Laune oder ideologischer Verbissenheit erklärt werden kann, wären in der Praxis schwerwiegend. Zu nennen sind in erster Linie die hohen Kosten, denen weder Eigentümern noch Mietern ein entsprechender Nutzen entgegensteht. Ausserdem wäre zur Kontrolle und zur Abklä­rung, ob eine Anlage technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist, umfangreiche und damit teure Abklärungen nötig.

Die SVP lehnt den vorgeschlagenen Artikel 33 ab.

11. Keine zusätzlichen Vorschriften zu den Dachformen

In einer ländlich geprägten Gemeinde gehören Giebeldächer zum Ortsbild. Eine zu­sätzliche Einschränkung ist nicht notwendig.

Die SVP lehnt den Absatz 2 von Artikel 27 ab.

12. Ortsbildkommission überprüfen

In einer Gemeinde wie Gossau muss es möglich sein, dass die architektonische und gestalterische Beurteilung eines Projektes durch die Behörde und Verwaltung vorgenommen werden kann. Hierzu wird kein externe Expertengremium benötigt.

Die Mitglieder haben sich in der Umfrage deutlich geäussert die Ortsbildkommission abzuschaffen.
Sie SVP Gossau ist für die Streichung des Abs. 3 von Art. 7. Der Gemeinderat arbeitet einen Vorschlag aus, um mittels Behörde und Verwaltung einen entsprechenden Bauausschuss zu formieren.

13. Baumschutz ja, Übergriffigkeit nein

Auf die Bestimmungen zum Baumschutz ist zu verzichten.

Seit die «Experten», die uns heute wieder mit ihrer Weisheit beglücken, in den frühen 1980er Jahren den Schweizer Wald für tot erklärten, ist die Waldfläche in der Schweiz um etwa 10–15 % oder um rund 120.000 Hektar gewachsen.

Die Schweizer lieben Wälder und Bäume. Die Schweiz erliess das erste Gesetz zum Schutz des Waldes bereits im Jahr 1876 mit dem Bundesgesetz über den Forstpoli­zei im Hochgebirge, auch bekannt als Forstpolizeigesetz. Dieses sah unter anderem vor, dass in Gebieten, in denen Wälder zerstört oder stark geschädigt worden waren, Aufforstungen durchgeführt werden mussten.

Es sind in erster Linie die privaten Grundeigentümer, die in ihren Gärten Bäume pflanzen und dem Baumbestand Sorge tragen. Es ist befremdend, dass der gleiche Staatsapparat, der für die «Deponie für Störstoffe Tägernau» 15 Hektar Wald, was etwa 6000 Bäumen entspricht, abholzen will, sich berechtigt fühlt, Privatpersonen vorzuschreiben, wie sie ihre Gärten zu gestalten haben.

Neu soll auch das Fällen von Bäumen mit einem Stammumfang von mehr als 100 Zentimeter (Durchmesser von 31,84cm) gemessen einen Meter über dem massge­benden Terrain, bewilligungspflichtig sein. Auch hier werden die Anreize völlig falsch gesetzt, denn, wer weiss, dass er einen Baum in seinem Garten nicht fällen kann, wenn ihm der Sinn danach steht, wird sich zweimal überlegen, ob er einen pflanzen will. Im Wissen, dass es dafür Zwang brauchen wird, haben die Funktionäre vorge­sorgt: Sie fordern, dass pro 300 m2 anrechenbare Grundstücksfläche in allen Bauzo­nen ausser in der Industriezone mindestens ein standortgerechter Baum oder hoch­wachsender Busch nachzuweisen oder bei Unterzahl zu pflanzen ist. Einschränkend ist der Aussichtsschutz gemäss dieser Verordnung zu beachten, doch das dürfte nur noch mehr Bürokratie zur Folge haben.

Auch auf diese Kann-Vorschrift ist zu verzichten.

14. Kein Bonus für nachhaltige Bauweise

Wie tief die Vorlage von sozialistischem Geist durchdrungen ist, zeigt sich insbeson­dere im Kapitel 8 (Mehrwertausgleich). Es wird das Ziel der totalen Gleichheit als Ideal ausgegangen. Jeder Unterschied wird darum als Ungerechtigkeit betrachtet, die es auszumerzen gilt. Dabei ist unerheblich, ob diese Unterschiede auf individuellen Geschmack, auf die jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse oder auf historische Ge­gebenheiten zurückzuführen sind. Ziel ist nicht die von der Verfassung garantierte Gleichheit vor dem Gesetz, sondern die faktische Gleichheit. Was ungleich ist, soll gleich gemacht werden. Zauberwort ist der so genannte «Mehrwertausgleich». Mit Bonus und Malus (Zuckerbrot und Peitsche) sollen durch staatlich Massnahmen ver­ursachte Ungerechtigkeiten ausgeglichen werden.

Neu soll ein genereller Bonus von + 10 % für besonders nachhaltige Bauten einge­führt werden. Dazu muss jedoch der Gold-Standard der Norm «Nachhaltiges Bauen Schweiz» (SNBS) zertifiziert und eingehalten werden (siehe dazu Kap. 4.7). Dieser Bonus muss nicht beansprucht werden; er ist freiwillig. Daher ist er – wie der Bonus für Arealüberbauung – nicht als Aufzonung im Sinne von § 1 lit. c MAG zu qualifizie­ren.

14.1. Der Staatsapparat hat zu dienen, nicht zu erziehen

Einmal mehr tritt der Staatsapparat dem Bürger gegenüber als Gouvernante auf. Er tadelt und bestraft Abweichungen, und er lobt und belohnt wohlgefälliges Betragen. Solchen übergriffigen Bestimmungen liegt das so genannten Nudging zu Grunde (englisch für „anstupsen“ oder „schubsen“). Dabei handelt es sich um ein Konzept aus der Verhaltensökonomie und der Psychologie, das darauf abzielt, das Verhalten von Menschen auf vorhersagbare Weise zu beeinflussen, ohne dabei auf Verbote, Gebote oder finanzielle Anreize zurückzugreifen. Die Menschen sollen dazu anregt werden, bestimmte Entscheidungen zu treffen, ohne ihre Wahlfreiheit einzuschrän­ken. Aus diesem Grund betont der Gemeinderat: «Dieser Bonus muss nicht bean­sprucht werden; er ist freiwillig.» – Das ist schon fast dreist.

Die Verfechter des Nudgings verfolgen nach eigener Überzeugung das Ziel, Men­schen dabei zu helfen, bessere Entscheidungen zu treffen, die ihren langfristigen In­teressen entsprechen, ohne sie zu zwingen.

Unbeantwortet bleiben freilich die Fragen, woher die «Nudger» wissen, was für die «Genudgten» die besseren Entscheidungen sind und was ihren langfristigen Interes­sen entspricht. Auch diese Übergriffigkeit lässt sich nur mit der Marxistischen Über­zeugung erklären, wonach es bei voller Entwicklung des Sozialismus und ungezügel­ten Produktivkräften genug geben werde, um jedermanns Bedürfnisse zu befriedi­gen: «Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen.»

In einer Demokratie geht «alle Staatsgewalt vom Volke aus», wie es beispielsweise das Deutsche Grundgesetz in seinem berühmten Artikel 20 formuliert. In der Schweiz stellt die Bundesverfassung, in Verfolgung des gleichen Ziels, klar, dass die Bundes­versammlung nur unter Vorbehalt der Rechte von Volk und Ständen die oberste Ge­walt im Bund ausübt (Art. 148). Wenn sich nun sogar die Exekutive berechtigt fühlt, das Verhalten der Bürger mit Ausgleichsmassnahmen und Sanktionen zu lenken, stellt sie sich über die Bürger und damit die demokratischen Verhältnisse auf den Kopf.

14.2. Verstoss gegen die Rechtsgleichheit

Eines der wichtigsten Postulate der Aufklärung ist die Gleichheit vor dem Gesetz. In Ausübung der Gesetze hat der Staat die Menschen nach Massgabe ihrer Gleichheit gleich und vorurteilsfrei zu behandeln.

Indem der Staat bestimmte Bauformen belohnt, setzt er andere zurück. Er schafft dadurch neue Ungerechtigkeiten oder nimmt solche zumindest in Kauf, weil die Vo­raussetzungen unter den Eigentümern sehr unterschiedlich sind, und Mieter von die­sem Bonus höchstens indirekt profitieren würden. Das ist nicht zuletzt deshalb stos­send, weil es der gleiche Staat ist, der mit seinen Vorschriften ebendiese Unter­schiede erst geschaffen hat. So haben beispielsweise Eigentümer von geschützten Altbauten gar nicht die Möglichkeit, einen solchen Bonus zu erlangen. Ausserdem hindern auch handfeste wirtschaftliche Tatsachen viele Eigentümer daran, nach der Karotte zu streben, die ihnen von Staatsangestellten vor die Nase gehalten wird.

14.3. Gesetzgebung ist Staatsangelegenheit

Um in den Genuss dieses Bonus zu kommen, müsse der Gold-Standard der Norm «Nachhaltiges Bauen Schweiz» (SNBS) zertifiziert und eingehalten werden, lässt man uns wissen. Bereits diese Wortwahl zeigt, dass man sich bei der Planpartner AG lieber Plattitüden hingibt, als Fragen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der gebotenen Tiefe zu ergründen. Wenn der Gold-Standard das richtige Mass ist, wa­rum hat man ihn dann aufgegeben?

Wesentlich schwerwiegender ist allerdings der Verweis auf das «Nachhaltiges Bauen Schweiz». Dieses als Verein konstituierte Netzwerk wird fast ausschliesslich von öf­fentlich-rechtlichen Organisationen getragen. Zu nennen sind etwa die Bundesämter für Energie, für Umwelt, für Gesundheit, für Strassen und für Raumentwicklung sowie armasuisse Immobilien, das Immobilienkompetenzzentrum des VBS. Das heisst: We­der die eidgenössischen Räte noch kantonale Parlamente oder gar Gemeindever­sammlungen, sondern ein Klüngel von Vertretern der Exekutive legt die Regeln fest, die für alle Gemeinden im Land gelten sollen. Auch hier wird also die verfassungs­mässige Ordnung auf den Kopf gestellt.

Die SVP beantragt, dass der Gemeinderat die Empfehlungen des «Bunds der Steu­erzahler» (oder wahlweise jene der SVP) für eine Steuer- und Finanzpolitik im Inte­resse der Bürger in die Gemeindeordnung aufnimmt und künftige Regeln dynamisch übernimmt.

*

Aufgrund der möglichen Vorwirkung der Regelungen gestützt auf § 234 PBG und der umstrittenen Revision fordern wir den Gemeinderat auf, die Auflage zurückzuziehen und eine Vernehmlassung mit dem Gewerbe und den Parteien durchzuführen.

Wir danken dem Gemeinderat für die Berücksichtigung unserer Anregungen und Kritik. Über die endgültige Zustimmung oder Ablehnung der Vorlage werden wir zu gegebenem Zeitpunkt entscheiden.


[1] z.B. Häfelin/Haller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 3. Auflage, Zürich 1993, RN 191.

[2] Mit der Ausarbeitung der Vorlage und des Planungsberichts wurde die Planpartner AG in Zürich beauftragt. Dabei handelt es sich gemäss Eigenwerbung um eine «unabhängige Aktiengesellschaft», die allerdings fast vollständig von Aufträgen der öffentlichen Hand lebt. Ihr Kerngeschäft sind Dienstleistungen in den Bereichen Raumplanung, Städtebau und Entwicklung.
Gegen dieses Geschäftsmodell ist nichts einzuwenden. Allerdings begründet der Gossauer Gemeinderat den unverhältnismässigen Anstieg der Personalkosten mit seinem Bestreben, mehr Arbeiten intern erledigen zu wollen. Darauf werden wir wohl noch lange warten müssen. Die BZO hat einen prägenden Einfluss auf unsere Gemeinde, eine vorgängige Beratung mit den Parteien und dem Gewerbe ist zielführender und effizienter – und damit geboten.

über den Autor
Claudio Zanetti
SVP Präsident, Sozialbehörde (ZH)
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SVP Gossau ZH, Bergstrasse 12, 8625 Gossau
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