Stellungnahme der SVP Gossau – Totalrevision der Gemeindeordnung
Die Schweizerischen Volkspartei (SVP) beurteilt die oben erwähnte Vorlage kritisch und tendiert zur Ablehnung. Die definitive Empfehlung an den Souverän hängt davon ab, ob und in welchem Umfang der Gemeinderat den nachfolgenden Ausführungen Beachtung schenkt.
Vorbemerkungen
Keine (weitere) Zersetzung des Milizprinzips
Mit Sorge und Befremden stellt die SVP fest, dass der Gemeinderat eine weitere Schwächung des Milizwesens anstrebt oder zumindest in Kauf nimmt. Die Abschaffung der Sozialbehörde, die Verkleinerung der Schulpflege und die Schaffung einer – nicht direktdemokratisch bestellten – «Leitung Bildung» stellt eine tektonische Verschiebung der Macht vom Souverän hin zur Verwaltung dar.
Das Milizsystem prägt die Schweiz massgeblich. Unserem Zürcher Nationaldichter Gottfried Keller Gottfried (1819 – 1890) ging es um weit mehr, ans «nur» um die Armee, als er den jungen Hediger im «Fähnlein der sieben Aufrechten» sagen liess: «Keine Regierung und keine Bataillone vermögen Recht und Freiheit zu schützen, wo der Bürger nicht imstande ist, selber vor die Haustür zu treten und nachzusehen, was es gibt!».
Der Begriff «Miliz» bezeichnet ein im öffentlichen Leben der Schweiz verbreitetes Organisationsprinzip. Jede Bürgerin und jeder Bürger, der sich dazu befähigt sieht, kann neben- oder ehrenamtlich öffentliche Ämter und Aufgaben übernehmen.[1]
Die Milizarbeit beinhaltet aber weit mehr als ein Neben- oder Ehrenamt im Sinne der gemeinnützigen Arbeit. Sie weist vielmehr auf eine republikanische Identität hin, die – falls verinnerlicht – eine der wichtigsten Stützen unserer schweizerischen politischen Kultur darstellt. Das Milizprinzip ist in diesem Sinne bis heute nachhaltig in der politischen Kultur der Schweiz verankert und eng mit der direkten Demokratie verknüpft. Zusammen mit dem Vereinswesen, das im 19. Jahrhundert Auftrieb erhielt, stellt das Milizprinzip bis heute in politischer Hinsicht auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesebene ein wesentliches Merkmal unseres föderalistischen direktdemokratischen Staates dar.
Wer heute beklagt, wie schwierig es sei, geeignete und willige Personen für öffentliche Ämter zu finden, sollte sich erst einmal Gedanken über die Gründe dieser Entwicklung machen. Ein Staatsapparat, der sich immer mehr als Dienstleistungsunternehmen begreift und in der Bevölkerung eine Vollkaskomentalität und eine Anspruchshaltung heranzüchtet, indem er – ohne Sinn für die Kosten – gleich jeden Wunsch erfüllt, entfremdet sich auf lange Sicht von den Bürgern. Die SVP hat denn auch mit Besorgnis von den Kostensteigerungen und den ständig zunehmenden Stellen in der Gemeindeverwaltung Kenntnis nehmen müssen, dies bei im Wesentlichen konstanter Bevölkerung. Die finanziellen Folgen sind nicht mehr tragbar. Die vorliegende Revision ist aus Sicht der SVP ein Mehr von der bisherigen untauglichen Medizin, nämlich noch mehr Verwaltung und noch mehr staatlicher Aktivismus.
Auch unser Gemeindepräsident und Generalstabsoberst, Jörg Kündig, betonte in der Vergangenheit immer wieder, wie sehr ihm die Miliz am Herzen liege. Verdienstvollerweise hat er zu diesem Thema im Kantonsrat auch ein Postulat eingereicht:[2] Gossau verdient eine Gemeindeordnung, in der diese Geisteshaltung zum Ausdruck kommt.
Formelle Unkorrektheiten
Viel zu kurze Vernehmlassungsfrist
Dem Drang zur «Professionalisierung» dürfte wohl auch die überaus kurze Vernehmlassungsfrist über die Festtage und Weihnachtsferien zu verdanken sein. So geht vor, wer «Behörden, Parteien und Gruppierungen» an den Rand der Belastungsgrenze bringen will. Die SVP ist der Meinung, dass die Revision der Gemeindeordnung ein wichtiges Geschäft ist, das eine entsprechend seriöse und vertiefte Behandlung verdient.
Eine klare Mehrheit unserer Parteimitglieder erklärte in einer Umfrage, dass sie diese Fristansetzung für eine Zumutung hält. Das ist nicht die Art und Weise, wie jemand mit dem Souverän verkehrt, dem an Transparenz und gegenseitiger, auf Vertrauen basierender Kommunikation gelegen ist. Die kurze Vernehmlassungsfrist über die Festtage erscheint noch fragwürdiger vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Vorlage. Bereits am 10. April 2024 wurde die Vorlage in einer früheren Fassung dem Gemeindeamt zur Vorprüfung eingereicht. Die Behörden nahmen sich also viele Monate Zeit, wohlverstanden bezahlte Arbeitszeit, während sich der Bürger kurzfristig über die Festtage mit der Vorlage abmühen muss.
Abschaffung der Sozialbehörde ohne deren Anhörung
Der Gemeinderat will die Sozialbehörde auf die nächste Legislaturperiode hin abschaffen, worauf in Kapitel 2.8 inhaltlich eingegangen wird. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass dieser Entscheid ohne Vorliegen einer Stellungnahme seitens der betroffenen Sozialbehörde gefällt wurde. Letztere erhält lediglich auf dem Weg über diese Vernehmlassung die Gelegenheit, ihre Meinung kundzutun.
Diese Unterlassung bei der Ausarbeitung der Vorlage ist schwerwiegend und stellt eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben gemäss Art. 5 Abs. 3 BV und Art. 2 Abs. 3 KV daran. Von einer Gemeindeleitung, die bei jeder Gelegenheit betont, wie wichtig ihr Transparenz und eine auf Vertrauen basierende Kommunikation seien, erwartet man etwas anderes.
Gute Vernehmlassungsunterlagen
Lobend zu erwähnen ist der übersichtliche und klare Aufbau der zugestellten Unterlagen.
Zur Vorlage im Einzelnen
Den Änderungsvorschlägen, zu denen in der Folge nicht ausdrücklich Stellung genommen wird, stimmt die SVP zu.
Kein Artikel «Nachhaltigkeit»
Auf einen deklaratorischen Artikel «Nachhaltigkeit» kann in einer Gemeindeordnung getrost verzichtet werden. Das Anliegen ist bereits hinreichend abgedeckt. So verweist die Präambel der Bundesverfassung auf die «Verantwortung gegenüber der Schöpfung» und «gegenüber den künftigen Generationen». Artikel 2, Absatz 2 BV legt als Zweck der Eidgenossenschaft fest, dass sie «die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes» fördert. Und Absatz 4 lautet: «Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.»
In der Zürcher Kantonsverfassung hat «Nachhaltigkeit» sogar einen eigenen Artikel (6):
1 Kanton und Gemeinden sorgen für die Erhaltung der Lebensgrundlagen.
2 In Verantwortung für die kommenden Generationen sind sie einer ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltigen Entwicklung verpflichtet.
Die SVP Gossau ist der Meinung, dass damit dem Nachhaltigkeitsgedanken hinreichend Genüge getan ist, und warnt vor Begehrlichkeiten und den damit einhergehenden Kostenfolgen, die solche deklaratorischen Artikel wecken können. Zwar wird dem entgegengehalten, es liessen sich daraus keine Rechtsansprüche ableiten. Doch dann handelt es sich erst recht um Plattitüden, die nicht in einen Rechtserlass gehören. Anzumerken bleibt, dass sich die Gemeinde nach Ansicht der SVP gerade nicht wirtschaftlich nachhaltig entwickelt und damit weder ökologisch noch sozial nachhaltig handelt.
Benennung von rechtssetzenden Erlassen (Art. 5)
Keine Einwände.
Urnenwahlen (Art. 8)
Keine Einwände.
Obligatorische Urnenabstimmung (Art 10)
Grundsätzlich keine Einwände, aber die Streichung von Ziffer 3, Bewilligung von Eventualverbindlichkeiten von mehr als Fr. 500’000 ist abzulehnen. Eventualverbindlichkeiten können in absehbarer Zeit eine Rolle spielen, wenn die Finanzierung für das Spital Wetzikon zur Diskussion steht. Eine Bürgschaft oder Garantie wäre eine Eventualverbindlichkeit, die sich sehr wohl realisieren kann, so dass die Gemeindeversammlung darüber entscheiden soll.
Finanzbefugnisse der Gemeindeversammlung (Art. 17)
Diese Bestimmung, die zusammen mit dem Anhang «Übersicht Ausgabenkompetenzen» gelesen werden muss, wird von der SVP abgelehnt. Die Ausgabenkompetenzen der Exekutive werden nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre als zu grosszügig wahrgenommen. Entscheide über Anlässe wie Tour de Suisse oder Rad-WM 2024 müssen von der Gemeindeversammlung bewilligt werden und dürfen nicht vom Gemeinderat in eigener Kompetenz entschieden werden.
Die Investitionsplanung muss weiterhin der GV zur Kenntnisnahme vorgelegt werden.
Die Streichungen von Einnahmenausfällen und Eventualverbindlichkeiten aus den Kompetenzen der Gemeindeversammlung mag mit übergeordnetem Recht vereinbar sein, hilft aber in der Sache nichts. Daraus ergeben sich folgende Forderungen der SVP, wobei auf die «Übersicht Ausgabenkompetenzen Bezug genommen wird:
- Die Änderungen werden abgelehnt.
- Die Änderungen werden abgelehnt.
- Die Änderungen werden abgelehnt.
Zuständigkeit der Gemeindeversammlung: über 100’000
Zuständigkeit des Gemeinderates: bis 100’000
Zuständigkeit Schulpflege unverändert
Zuständigkeit Sozialbehörde unverändert. - Die Änderungen werden abgelehnt.
- Keine Bemerkungen.
- Keine Bemerkungen.
- Die Änderungen werden abgelehnt.
Die verschiedenen Bestimmungen im Entwurf sind entsprechend anzupassen.
Offenlegung der Interessenbindung (Art. 19)
Die vorgeschlagene Präzisierung ist zu begrüssen.
Aufgabenübertragung an Mitarbeiter (Art. 22)
Keine Einwände.
Abschaffung der Sozialbehörde
Die Abschaffung der Sozialbehörde ist abzulehnen.
Kein Aufwandbereich der öffentlichen Haushalte verzeichnet über Jahrzehnte hinweg einen stärkeren Anstieg als der Sozialbereich. Dies drückt sich nicht nur in real steigenden Beträgen aus, sondern auch im Anteil, den der Bereich «Soziales» am gesamten staatlichen Haushalt einnimmt. Dieser Kostenexplosion liegt eine Ausweitung der Sozialleistungen zu Grunde, die vom Wirtschaftswachstum nicht getragen werden konnte. Anders ausgedrückt: Das schweizerische Sozialsystem hatte begonnen, Geld auszugeben, das gar nicht vorhanden war. Natürlich alles auf dem Buckel der künftigen Generationen.
Es läuft also etwas schief.
Diese Entwicklung, deren bedrohliche Auswirkungen längst nicht mehr zu leugnen sind, sind die Folge einer Politik, die darauf abzielt, Probleme mit – fremdem – Geld zu überdecken. Hier waren Profis und «Experten» am Werk, die es nicht kümmert, woher dieses Geld kommt, bzw. wie es erwirtschaftet werden muss.
Auch im Sozialwesen tun mehr demokratischer Einfluss und Kontrolle Not. Zwar sind die Einflussmöglichkeiten einer kommunalen Sozialbehörde sehr begrenzt. Doch ist genau das einer der vielen Missstände, die es zu beheben gilt.
Die Sozialausgaben einer Gemeinde gelten weitgehend als «gebunden». Das heisst aber nicht, dass Massnahmen zu ihrer Senkung oder wenigstens zum Bremsen des Wachstums unmöglich sind. Es braucht allerdings Menschen, die auch das legitime Interesse der steuerzahlenden Bevölkerung im Auge haben und die Probleme an der Basis erkennen.
Eine «Professionalisierung» des Sozialwesens führt zwangsläufig zu einer unerwünschten Stärkung der Verwaltung, die wie der Name bereits sagt, Probleme zu verwalten und nicht zu lösen hat. Für Letzteres fehlen ihr die erforderlichen Anreize.
Die demokratischen Einflussmöglichkeiten auf die «res publica» und insbesondere auch auf das Sozialwesen sind nicht zu schwächen, sondern vielmehr zu stärken.
Rechtsetzungsbefugnisse des Gemeinderats (Art. 25)
Gegen diese Präzisierung werden keine Einwände erhoben, sofern sichergestillt ist, dass sämtliche Gebührenerhebungen, die eine Erhöhung der Staatsquote zur Folge haben, vom Souverän bewilligt werden müssen.
Allgemeine Verwaltungsbefugnisse des Gemeinderats (Art. 26)
Keine Einwände.
Finanzbefugnisse des Gemeinderats
Siehe dazu bereits oben, Finanzbefugnisse der Gemeindeversammlung.
Schulpflege
Im Unterschied zur Sozialbehörde wurde die Schulpflege nicht nur zur Stellungnahme eingeladen, der Anstoss zur Reform ging hier sogar von ihr aus.
Reduktion der Zahl der Schulpflegemitglieder (Art. 29)
Eine Reduktion der Zahl der Mitglieder der Schulpflege wird abgelehnt.
Auch diese Änderung hätte eine weitere, unerwünschte Schwächung des Milizwesens und eine ebenso unerwünschte Stärkung der Verwaltung zur Folge.
Zu Recht ist man im Kanton Zürich stolz auf die Volksschule, die vor bald 200 Jahren ins Leben gerufen wurde. Doch mittlerweile hat die Frage, wie lange man noch mit Fug und Recht von einer Volks-Schule sprechen kann, mehr als bloss semantische Bedeutung.
Die von «Experten» beherrschte Bildungsverwaltung wächst praktisch ungebremst und verschlingt Unsummen, die man besser «in die Bildung» investieren sollte. Hier braucht es als Gegengewicht eine starke Miliz-Schulpflege, die Wichtiges von Unwichtigen zu unterscheiden versteht. Die SVP stellt mit Sorge fest, dass Eltern, die es sich leisten können oder wollen, ihre Kinder mehr und mehr Privatschulen anvertrauen, weil die staatliche «Volks-Schule» ihren eigentlichen Auftrag trotz immer grösserem Aufwand nicht mehr erfüllt.
Ablehnung der Stelle «Leiter Bildung» (Art. 37/38)
Die Schaffung der Stelle eines «Leiters Bildung» ist abzulehnen.
Die Gegenüberstellung der «Aufgaben und Leistungen», die ein «Leiter Bildung» übernehmen soll, mit den Kompetenzen, die der (verkleinerten) Schulpflege verbleiben sollen, offenbart eine massive Machtverschiebung weg von der Miliz hin zur Verwaltung. Sollte Gossau diesen Weg einschlagen, wird sich schon in wenigen Jahren die Frage nach der Abschaffung der Schulpflege stellen.
Die Unruhen und Friktionen, die die Schule Gossau im vergangenen Jahr belasteten, waren nicht zuletzt auf eine tiefsitzende Verachtung seitens einiger Lehrpersonen und Schulleiter gegenüber gewählten Behördenvertretern zurückzuführen. Es wäre darum verkehrt, die Verwaltungsseite noch weiter zu stärken und damit die Insubordination zu belohnen. Der angeblich «professionelle» Apparat führt keineswegs zu den Resultaten, die der Steuerzahler und die Eltern erwarten dürfen.
230’000 Franken sind zu viel.
Eine Gemeinde mit einem Steuerfuss von 117 Prozent, einem Aufwandüberschuss von 756’900 Franken trotz Einnahmen von rund 13 Millionen Franken aus dem kantonalen Finanzausgleich und einem Selbstfinanzierungsgrad von lausigen 45 Prozent darf angesichts sich abzeichnender neuer Belastungen in zweistelliger Millionenhöhe nicht einmal daran denken, neue Stellen für teure Kaderpersonen zu schaffen. Das wäre grobfahrlässig.
Bürgerrecht
Das Schweizer Bürgerrecht ist etwas Besonderes, weil damit weltweit einzigartige Volks- und Freiheitsrechte verbunden sind. Damit ist klar, dass der Entscheid über die Angehörigkeit zum Souverän ein eminent politischer, Entscheid ist – und kein Verwaltungsakt. Er sollte darum vom obersten politischen Gremium, der Bürgergemeindeversammlung, gefällt werden.
Anträge der SVP
Schuldenbremse
Die SVP fordert die Aufnahme einer Schuldenbremse in die Gemeindeordnung. Diese soll dem Gemeinderat helfen, neuen Begehrlichkeiten zu begegnen.
Die SVP wird dieses Anliegen auch auf dem Weg einer Einzelinitiative einbringen:
Art. 15a (neu)
Die Finanzen sind nachhaltig zu bewirtschaften, so dass Ausgaben und Investitionen im Gleichgewicht mit den verfügbaren finanziellen Mitteln stehen. Der Steuerfuss soll möglichst tief und stabil sein. Die solide Finanzpolitik soll die Gemeinde für Einwohner und Arbeitgeber attraktiv machen.
Für diese Zwecke bestehen folgende vier Instrumente:
- Mittelfristiger Ausgleich: Die Erfolgsrechnung muss mittelfristig ausgeglichen sein. Der mittelfristige Ausgleich bestimmt sich nach dem Fünfjahresdurchschnitt der Erfolgsrechnungen der drei vergangenen Rechnungsjahre, des aktuellen Rechnungsjahres sowie des kommenden Budgetjahres.
- Selbstfinanzierungsgrad 100 % mit Ausgleichsreserve: Der Selbstfinanzierungsgrad muss mindestens 100 % betragen. Der Selbstfinanzierungsgrad darf im Rahmen einer Ausgleichsreserve vorübergehend unter 100 % fallen. Hierfür gilt Folgendes:
- Finanzierungsüberschüsse oder Finanzierungsfehlbeträge (Selbstfinanzierung abzüglich Nettoinvestitionen Verwaltungsvermögen) werden der Ausgleichsreserve im Falle eines Finanzierungsüberschusses gutgeschrieben oder im Falle eines Finanzfehlbetrages belastet. Die Begriffe und Beträge von Selbstfinanzierung, Nettoinvestitionen Verwaltungsvermögen sowie Finanzierungsüberschuss oder -fehlbetrag entsprechen denjenigen, welche für die Berechnung des Selbst-finanzierungsgrades gelten.
- Die Ausgleichsreserve darf keinen Negativbetrag aufweisen.
- Die Entwicklung der Ausgleichsreserve ist in den beleuchtenden Berichten des Gemeinderates sowohl zur Jahresrechnung als auch zum Budget für mindestens fünf vergangene Rechnungsjahre, für das Budgetjahr und die in der Finanzplanung abgebildeten künftigen Rechnungsjahre darzustellen.
- Sondereinnahmen müssen für die Berechnung der Ausgleichsreserve abgezogen werden.
- Schuldenabbau: Sondereinnahmen werden vollumfänglich für den Schuldenabbau verwendet. Als Sondereinnahmen gelten alle geldwirksamen Einnahmen wie beispielsweise Erlöse aus dem Verkauf von Finanzvermögen, die im laufenden und den vergangen drei Rechnungsjahren einmalig gewesen sind und auf die im kommenden Rechnungsjahr kein Rechtsanspruch besteht. Als Sondereinnahmen gelten auch die Rückzahlungen von langfristigen Guthaben gegenüber Sonderrechnungen. Keine Sondereinnahmen sind die Gemeinde- und Grundsteuern.
- Sparvorschläge als Alternative zu einer Erhöhung des Gemeindesteuerfusses: Etwaige Anträge auf Erhöhungen des Gemeindesteuerfusses müssen zusammen mit Massnahmen zu Kostensenkungen in gesamthaft gleicher Höhe wie die erwarteten zusätzlichen Steuereinnahmen beantragt werden.
Übergangsbestimmung zu Art. 15a Ziffer 2
Buchstabe c: Die Ausgleichsreserve ist im ersten nach Inkrafttreten von Art. 15a erstatteten beleuchtenden Bericht zur Jahresrechnung zum ersten Mal auszuweisen. Die Entwicklung der Ausgleichsreserve in drei früheren Rechnungsjahren vor Geltung von Art. 15a ist so darzustellen, als ob Art. 15a bereits in Kraft gestanden hätte. Der Abzug der Sondereinnahmen nach Art. 15a Ziffer 2, lit. d ist erst ab dem Jahr des Inkrafttretens von Art. 15a vorzunehmen. Für die früheren Jahre wird auf diesen Abzug verzichtet.
Kurzbegründung[3]
Die Gemeinde Gossau ist in eine finanziell unkomfortable Lage geraten. Während Jahren sind die Ausgaben stärker gestiegen als die Einnahmen. Die Schulden wachsen wieder an und es fehlt das Geld für die notwendigen Investitionen.
Die Gemeinde Gossau hat einen der höchsten Steuerfüsse im Kanton Zürich. Der Steuerfuss wurde zwar für das Jahr 2023 um 2 % gesenkt. Wenn sich die Gemeinde Gossau finanziell weiter negativ entwickelt, muss aber der Steuerfuss bald wieder erhöht werden. Dies muss vermieden werden. Der Stimmbürger soll auf stabile Gemeindefinanzen vertrauen dürfen. Die Kantonsverfassung verpflichtet die Gemeinden, die Steuerquote nicht ansteigen zu lassen (Art. 124 Abs. 2 KV).
Schulden machen ist unsozial. Die Schulden müssen von unseren Kindern zurückbezahlt werden. Schulden sind keine Lösung, sondern verschieben die Probleme in die Zukunft und machen sie sogar noch grösser. Schuldzinsen und Amortisationen engen den finanziellen Handlungsspielraum ein. Die finanziellen Herausforderungen der Gemeinde Gossau müssen deshalb entschlossen angepackt werden.
Mit dieser Initiative werden dem Gemeinderat und den Stimmbürgern Instrumente in die Hand gegeben, womit sie die Gemeindefinanzen besser beurteilen und steuern können. Diese Instrumente lehnen sich an die in der Stadt Dübendorf erfolgreiche Volksinitiative «Dübi schuldenfrei, auch in Zukunft!» an, sind aber eigenständige und auf die Verhältnisse der Gemeinde Gossau angepasste Formulierungen. Die Stadt Dübendorf hat eine erfolgreiche Finanzpolitik geführt und die Gemeinde Gossau kann davon lernen.
Bezeichnung von gebundenen und ungebundenen Ausgaben im Voranschlag
Immer wieder kommt es im Rahmen der Budgetgemeindeversammlung zu Unklarheiten hinsichtlich der tatsächlichen Befugnisse der teilnehmenden Bürger. Die SVP fordert diesbezüglich Klarheit, indem die änderbaren Positionen im Voranschlag klar bezeichnet werden.
Einen entsprechenden Vorstoss wird die SVP auch im Kantonsrat einreichen.
Honorare, Sitzungsgelder und Pauschalspesen für den Schuldenabbau
Am 31. August 2015 beschloss der Zürcher Kantonsräte einstimmig – also mit den Stimmen seiner Gossauer Mitglieder – folgende Regelung ins Organisationsgesetz aufzunehmen:
Entschädigungen, namentlich Honorare, Sitzungsgelder und Pauschalspesen, die den Mitgliedern des Regierungsrates in ihrer Eigenschaft als Vertreterinnen und Vertreter des Kantons in Organisationen des öffentlichen und privaten Rechts zukommen, fallen in die Staatskasse.
Die SVP ist der Meinung, dass sich eine Analoge Regelung in der Gemeindeordnung geradezu aufdrängt.
Schlussbemerkungen
Die Gemeinde Gossau muss sich wieder an den Stärken unseres Staatsaufbaus orientieren: Partizipation durch direkte Demokratie und Milizfunktionen, sparsamer Umgang mit Steuergeldern, Konzentration des staatlichen Handelns auf die unverzichtbaren staatlichen Handlungsfelder. Der bisherige Kurs der Aufblähung der Verwaltung und der Übernahme immer neuer Aufgaben hat in eine finanzielle Sackgasse geführt und bedroht die Grundlagen unseres freiheitlichen Gemeinwesens.
Wir danken dem Gemeinderat für die Berücksichtigung unserer Anregungen und Kritik. Über Zustimmung oder Ablehnung der Totalrevision der Gemeindeordnung GO werden wir zu gegebenem Zeitpunkt entscheiden.
SVP Gossau ZH
Claudio Zanetti
Parteipräsident
[1] Quelle: René Roca, Historiker und Gründer und Leiter des Forschungsinstituts direkte Demokratie. Zitiert nach: https://www.swissinfo.ch/ger/kultur/blog-schweizerisches-nationalmuseum_das-schweizer-milizsystem/45375540
[2] Beispiele:
http://joerg-kuendig.ch/wp-content/uploads/2018/05/Durch-und-durch-Miliziona%CC%88r.pdf
http://joerg-kuendig.ch/wp-content/uploads/2021/08/AZ_31_7_21_S_2_und_3.pdf
https://www.kantonsrat.zh.ch/geschaefte/geschaeft/?id=fb7d88f0e72342daabe20ebfa5d7a9bc
[3] Eine ausführliche Begründung wird zusammen mit der erwähnten Einzelinitiative folgen.